Sanierungsvertrag Karstadt-Kaufhof

Flächen­tarif muss her

Das blau beleuchtete Karstadt Magdeburg bei Nacht.
Schöne Fas­saden reichen nach Auf­fassung von Betriebs­räten bei Kaufhof nicht. Wer in einem Warenhaus ein­kauft, will auch eine ent­spre­chende Beratung haben.

ver.di-Tarifkommissionen von Karstadt-Kaufhof
entwickeln Strategiepapier

Die Fusion von Kar­stadt und Kaufhof trifft jetzt die Beschäf­tigten beim Kaufhof besonders hart. Nach dem Per­so­nal­abbau schwingt der Konzern die Keule der Tarif­flucht und droht mit 11-pro­zen­tiger Lohn­kürzung. Um dagegen Wider­stand und Posi­tionen zu ent­wi­ckeln, trafen sich in der ver­gan­genen Woche die vier zustän­digen ver.di-Tarifkommissionen des neuen Han­dels­riesen, um dem Kahl­schlag bei Kar­stadt Warenhaus, Galeria Kaufhof sowie von Kar­stadt Sports und Kar­stadt Feinkost zu begegnen. Gemeinsam mit ver.di wurde ein Konzept erar­beitet, wie mit dem neuen Waren­haus­konzern Ver­hand­lungen über einen mög­lichen Sanie­rungs­ta­rif­vertrag auf­zu­nehmen sind.

Die wich­tigste ver.di-Forderung ist dabei, dass der Han­dels­konzern ver­bindlich wieder zum Flä­chen­ta­rif­vertrag zurück­kehren muss. Die Gewerk­schaft und die Beschäf­tigten befürchten sonst eine weitere Tarif­flucht. Die betrieb­lichen Inter­es­sen­ver­treter wollen in einem Sanie­rungs­ta­rif­vertrag eine ver­trag­liche Rückkehr auf das Niveau des Flä­chen­ta­rif­ver­trags und die Über­nahme der Tarif­er­hö­hungen geregelt haben. Vor Abschluss eines zeitlich begrenzten Sanie­rungs­ta­rif­ver­trags müsse deshalb fest­gelegt werden, wie die volle Anpassung an das Niveau des Flä­chen­ta­rif­ver­trags vor Ver­tragsende sicher­ge­stellt wird.

Als weitere Bedingung will ver.di eine gemeinsame tarif­liche Lösung, die für alle Beschäf­tigten von Kaufhof und Kar­stadt sowie Kar­stadt Sports und Feinkost gilt. Ein Ein­griff in die aktu­ellen Ver­gü­tungen und Ent­gelte, allen voran bei Kaufhof, wird abge­lehnt. Eine dau­er­hafte Absenkung nach Ablauf eines Sanie­rungs­ta­rif­ver­trags oder einen «Warenhaus-Tarif­vertrag» kommt laut Orhan Akman, ver.di-Bundesfachgruppenleiter im Ein­zel­handel, nicht in Frage.

Die Mit­glieder der ver.di-Tarifkommissionen ver­langen für alle vier Unter­neh­mens­sparten ein Konzept unter Betei­ligung der Beschäf­tigten. Die Gewerk­schafts­ver­treter wollen eine Min­dest­be­set­zungs­quote beim Per­sonal pro Qua­drat­meter Ver­kaufs­fläche und einen Stopp der Fremd­ver­mie­tungen in den Waren­haus­pa­lästen. Nach Meinung meh­rerer Kaufhof-Betriebsräte müsse die ganze Aus­ein­an­der­setzung gemeinsam mit ver.di aus den Betrieben heraus an die Kunden getragen werden. «Schon lange kri­ti­sieren diese die knappe Per­so­nal­be­setzung in den Abtei­lungen. Wer in einem Warenhaus ein­kauft, will auch eine ent­spre­chende Beratung haben», ist von dort zu hören.

René Benko und die Manager des neuen Han­dels­riesen Kar­stadt-Kaufhof drohen offen mit der Absenkung der Löhne und Gehälter. Geht es nach ihnen, soll nach Ablauf eines Sanie­rungs­ta­rif­ver­trages ein Haus­ta­rif­vertrag folgen. Wenn es zu keiner Einigung mit ver.di über einen «Bil­lig­ta­rif­vertrag» kommt, will der Öster­reicher einen recht­lichen Zusam­men­schluss von Kar­stadt und Kaufhof durch­setzen. Dann wie­derum würde der alte Kar­stadt-Sanie­rungs­vertrag gelten. Dies bedeutet auto­ma­tisch 11 Prozent weniger Gehalt für das Per­sonal von Kaufhof.

Schon in den letzten Jahren haben die Beschäf­tigten auf Tarif­er­hö­hungen sowie auf große Teile des Weih­nachts- und Urlaubs­geldes ver­zichtet in der Hoffnung, damit Kar­stadt und Kaufhof sanieren zu können und die Arbeits­plätze zu erhalten. Wie viel von diesem Ver­zicht in Wirk­lichkeit die Aktionäre und Eigner kas­siert haben, bleibt ein Geheimnis in dieser Gesellschaftsordnung.

Der Griff nach dem Kaufhof durch Benko im Herbst 2018 führte nach dessen Über­nahme bereits zum Verlust von rund 2 600 Voll­zeit­ar­beits­plätzen. Anfang August trennte sich Kaufhof auch von zwei Logis­tik­stand­orten in Erfurt und Frechen. In Han­nover, Stuttgart, Würzburg und Berlin wurden zusätzlich vier Regio­nal­lager geschlossen. Laut ver.di sind davon 1 100 Stellen betroffen.

Von Herbert Schedl­bauer
UZ vom 23. August 2019
Foto: Von Torsten Maue
Flickr: Kar­stadt Mag­deburg
CC BY-SA 2.0, Link


UZ-Banner.