Mieten runter, Wohnraum schaffen!

Veranstaltungsplakat.

Mieten runter, Wohnraum schaffen!

Gegen Grundstücksspekulation
hilft Gemeineigentum!

Alternativen für bezahlbaren Wohnraum
statt Rendite mit der Miete.

Laut Verivox beträgt derzeit die durch­schnitt­liche Miete in Münster 11 € pro Qua­drat­meter. In Köln sind es 14 Euro, in NRW 8,32 Euro. Ver­mieter, denen die Gesetze erlauben, für ener­ge­tische Sanierung die Mieten bizarr zu erhöhen und unter dürf­tigen Vor­wänden Zwangs­räu­mungen zu ver­an­lassen, wüten in Münster ver­mutlich ebenso wie in Köln. Die Tat­sache, dass ange­sichts der anhal­tenden Über­pro­duk­ti­ons­krise Mil­li­ar­den­summen an über­schüs­sigem Kapital ver­geblich in der Industrie nach pro­fi­tablen Anla­ge­mög­lich­keiten suchen, führt zu Immo­bi­li­en­blasen und kei­neswegs zu bezahl­baren Mieten. Im Gegenteil, die Mieten galop­pieren. Gleich­zeitig folgt aus der wach­senden Kluft von Arm und Reich die Ver­treibung der gering Ver­die­nenden aus der Stadt hinaus und in Woh­nungen, die mas­senhaft von Woh­nungs­kon­zernen auf­ge­kauft und in der Folge häufig ver­nach­lässigt werden.

Solange Woh­nungen ein Geschäft sind, wird sich das nicht ändern. Der Markt hat es nie gerichtet und wird es nicht richten. In der Ver­gan­genheit half der Soziale Woh­nungsbau, in den große Summen öffent­licher Gelder zum Nutzen pri­vater Bau­herren und Ver­mieter flossen. Der soziale Woh­nungsbau sorgte zwar für noch bezahlbare Woh­nungen. Mitt­ler­weile sinkt aber die Zahl der gebun­denen Woh­nungen rapide.

Und die Obdach­lo­sigkeit wächst. Die Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Woh­nungs­lo­sen­hilfe (BAG W) hat schon 2014 einen dras­ti­schen Anstieg der Woh­nungs­lo­sigkeit in Deutschland fest­ge­stellt, von 285.000 in 2012 auf 335.000 Men­schen im Jahr 2014, ein Anstieg um 18% innerhalb von zwei Jahren. Die Menge der Woh­nungs­losen, die «Platte machen», die also ohne jede Unter­kunft auf der Straße leben, stieg in diesen beiden Jahren von 26.000 um 50 % auf 39.000. Bis 2018 werde sich die Zahl der Woh­nungs­losen um 60% auf 536.000 erhöhen, schätzt die BAG Woh­nungs­lo­sen­hilfe in einer Pres­se­mit­teilung vom Oktober 2016. Ein offi­zielle Zählung von Woh­nungs­losen gibt es bezeich­nen­der­weise nicht. Erst recht gibt es kei­nerlei wirksame Maß­nahmen gegen die Obdach­lo­sigkeit. Sie wird vielmehr zur Abschre­ckung benötigt, damit die hohen Mieten brav bezahlt werden.

Dabei ist Wohnen ein Men­schen­recht. Die Men­schen­rechts­de­kla­ration der UNO von 1948 war zunächst mal eine poli­tische Wil­lens­er­klärung. Immerhin enthält sie soziale Rechte. Das Recht auf Wohl­fahrt bei­spiels­weise (Artikel 25) schließt das Recht auf eine Wohnung ein, fehlt aber in der euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­vention wie auch andere soziale Men­schen­rechte (Art. 21 bis 26 der UNO-Dekla­ration). Immerhin hat der UNO-Sozi­alpakt von 1966 (Artikel 11) schon eine höhere Ver­bind­lichkeit. Denn durch das Ver­trags­gesetz vom 23. November 1973 gewann dieser Sozi­alpakt den Rang eines for­mellen Bun­des­ge­setzes. Es ist zeit­gleich mit dem Pakt selbst am 3. Januar 1976 in Kraft getreten.

«Jedermann hat das Recht auf Wohnung» lautet der Artikel 31 der revi­dierten Euro­päi­schen Sozi­al­charta von 1996. Diese Sozi­al­charta ist ein völ­ker­rechtlich ver­bind­liches Abkommen, das innerhalb der unter­zeich­nenden Staaten des Euro­pa­rates umfas­sende soziale Rechte garan­tieren soll. Die revi­dierte Fassung ist seit dem 1. Juli 1999 in Kraft. Die Bun­des­re­publik hat das Abkommen zwar am 29. Juni 2007 unter­zeichnet, aber bislang noch nicht rati­fi­ziert, anders als 33 der 47 Mit­glieds­staaten des Euro­pa­rates. Dem Antrag der Bun­des­tags­fraktion der Links­partei vom 24. Februar 2015 wurde noch nicht Rechnung getragen. Sonst könnte man womöglich zur Erlangung einer Wohnung den Rechtsweg ein­schlagen. Damit ist nicht zu rechnen.

Solange das Recht des Eigen­tümers mehr gilt als das Recht auf Wohnen, droht jedem Mieter in der Kon­se­quenz die Zwangs­räumung, genauso wie die Strom­ab­stellung das gängige Mittel ist, ihn zur Bezahlung offener Rech­nungen zu zwingen. Das Eigen­tums­ver­hältnis ist ein Gewalt­ver­hältnis. Anstelle des Rechts auf Wohnen herrscht das Gesetz der zah­lungs­kräf­tigen Nach­frage auf dem Woh­nungs­markt. Die Preise würden sinken, wenn das Recht auf Wohnen umfassend garan­tiert und rea­li­siert würde. Insofern haben die Eigen­tümer ein Interesse an Wohungs­mangel, an Woh­nungsnot und an der Zwangs­räumung säu­miger Mieter. Zudem drängen inter­na­tionale Finanz­in­ves­toren auf den Woh­nungs­markt, treiben die Mieten hoch und zah­lungs­schwache Mieter aus der Stadt.

Das Hand­lungs­konzept Wohnen (Münster, Juli 2014) for­mu­liert es so: «Ein­kom­mens­starke Haus­halte sind bereit und finan­ziell in der Lage, auch höhere Preis­for­de­rungen hin­zu­nehmen und ver­drängen damit ein­kom­mens­schwä­chere Haus­halte. Haupt­ur­sache des hohen Preis­ni­veaus ist das knappe Woh­nungs­an­gebot in Relation zur Woh­nungs­nach­frage.» (S. 17)

Aber der Staat, dem das Men­schen­recht auf Wohnen anver­traut ist, sorgt nicht für bezahlbare Mieten, sondern setzt im Gegenteil die Gesetze des Marktes mit Gewalt durch. Eine Huma­ni­sierung der Wohn­ver­hält­nisse setzt folglich die Ein­schränkung der Eigen­tums­rechte voraus.

Aber schon 1990 wurde die Woh­nungs­ge­mein­nüt­zigkeit samt der damit ver­bun­denen Steu­er­pri­vi­legien für gemein­nützige Woh­nungs­ge­sell­schaften abge­schafft. Das Miet­recht ist immer wieder zugunsten der Eigen­tümer ver­ändert worden.

Die Sendung report hatte im April 2013 berichtet, dass der Deutsche Mie­terbund von 70.000 Zwangs­räu­mungen im Jahr 2012 ausgehe. Er kri­ti­sierte, dass die Neu­fassung des Miet­rechts (ab 1. Mai 2013) Zwangs­räu­mungen ermög­liche, noch bevor ein Gericht in einer Räu­mungs­klage das Urteil gesprochen habe. Ulrich Ropertz vom DMB: «Wenn ein Mieter schon auf­grund einer einst­wei­ligen Ver­fügung vor die Tür gesetzt werden kann und danach erst in der Haupt­sache ver­handelt wird, ob tat­sächlich Zah­lungs­rück­stände bestanden, die eine Kün­digung recht­fer­tigten, kann das bedeuten: Prozess gewonnen, Wohnung weg, weil zwangsgeräumt.»

Der Ber­liner Mie­ter­verein berichtete im Juni 2015 von einer Studie der Hum­boldt-Uni. Danach haben sich die ange­setzten Räu­mungs­termine von rund 5000 im Jahre 2009 auf 6777 im Jahre 2011 erhöht. Mitt­ler­weile wird die Zahl auf 10.000 geschätzt. In Köln hatten wir den spek­ta­ku­lären Fall von Kalle Gerigk im Frühjahr 2014. Erst im zweiten Anlauf konnte der Gerichts­voll­zieher unter dem Schutz von meh­reren Hun­dert­schaften Polizei, die die gesamte Straße absperren mussten, die Räumung durch­setzen. Tausend Demons­tranten ver­folgten das Geschehen, aber es wurde auch durch die Presse ver­breitet. Dem phy­si­schen Erfolg des Ver­mieters, der auf Eigen­bedarf geklagt hatte, folgte eine heftige Debatte in Köln über «bezahlbare Mieten». Das Thema wurde die Nummer 1 im Kom­mu­nal­wahl­kampf. Kalle ist heute noch ein Prot­agonist der Mieterbewegung.

Ange­sichts der stei­genden Neben­kosten lässt die wach­sende Armut die Zahl der Strom­ab­stel­lungen ansteigen. In Köln sind es rund 10.000 Uhr pro Jahr. Die Köl­nische Rund­schau berichtete am ver­gan­genen Samstag von bun­desweit 330.000 Haus­halten, die innerhalb eines Jahres davon betroffen seien. In 6,2 Mil­lionen Fällen sei diese Maß­nahme kos­ten­pflichtig (2,50 bis 30 Euro) ange­droht worden. Die Ver­brau­cher­zen­trale NRW kri­ti­siert die hohen Gebühren bei Strom­sperren und nennt Bei­spiele, wo über 100 Euro für den Wie­der­an­schluss ver­langt wurden.

Am 29. März ver­gan­genen Jahres lief auf Arte der Film «Die große Stromlüge». Darin wird mit­ge­teilt, dass 2014/​15 in Europa etwa 40.000 Win­tertote zu beklagen waren. Sie seien gestorben, weil sie ihre Strom­rech­nungen nicht mehr bezahlen konnten. In den Jahren 2006 bis 2013 habe sich der Strom in Europa um durch­schnittlich 42 Prozent ver­teuert. Ost­europa treffe die Teuerung besonders schlimm. In Bul­garien müssen etwa 50 Prozent des Durch­schnitts­ein­kommens für Energie auf­ge­bracht werden, was zu einer bei­spiel­losen Pro­test­be­wegung geführt habe. In Spanien seien rund 28 Prozent der Bevöl­kerung von Ener­gie­armut betroffen. In Frank­reich könnten acht Mil­lionen Haus­halte ihre Strom­rechnung nicht mehr begleichen. In Deutschland sind es sieben Mil­lionen Haus­halte, die unter den Begriff der «Strom­armut» fallen, in Italien 5 Millionen.

Es fehlt an Wohnungen – und es fehlt an bezahlbaren Wohnungen.

Ende Dezember 2016 teilte der DMB mit, dass vor allem in Groß­städten, Bal­lungs­ge­bieten und Uni­ver­si­täts­städten Mieten und Eigen­tums­woh­nungen teurer würden. «Im lau­fenden Jahr zogen Mieten in Groß­städten nach einem Umzug um sieben bis acht Prozent an. Inzwi­schen fehlen in Deutschland 850.000 Wohnungen.»

Im ver­gan­genen Juni stellte die Bun­de­tags­fraktion der Links­partei eine Große Anfrage an die Bun­des­re­gierung. Es ging um die Ent­wicklung des sozialen Woh­nungsbaus seit der Abschaffung der Gemein­nüt­zigkeit in der Woh­nungs­wirt­schaft. Aus der Antwort vom 21. Februar geht hervor, dass jährlich 45.000 Sozi­al­woh­nungen aus der Bindung fallen, trotz zusätz­licher Bun­des­mittel. Dabei sei der Bedarf wei­terhin riesig, sagt Caren Lay, MdB. In manchen Groß­städten habe fast jede/​r Zweite Anspruch auf eine geför­derte Wohnung.

In Köln ver­fügen 46 Prozent der Ein­wohner über einen Wohn­be­rech­ti­gungs­schein, aber der Anteil der­je­nigen, die Sozi­al­woh­nungen nutzen können, ist auf weniger als 7% gesunken. Immer noch fallen mehr Woh­nungen aus der Bindung heraus, als Sozi­al­woh­nungen gebaut werden.

Engels hat 1873 darauf hin­ge­wiesen, dass der Eigen­tümer bei der Ver­mietung einer Wohnung deren Gebrauchswert für einen Tauschwert zur Ver­fügung stellt. Sie ist selbst­ver­ständlich Ware, aber im Unter­schied zu anderen Waren werde die Wohnung über einen län­geren Zeitraum benutzt. Ein Brot sei innerhalb eines Tages ver­zehrt, die Hose in einem Jahr ver­schlissen. «Bei Waren von langer Ver­schleiß­dauer tritt also die Mög­lichkeit ein, den Gebrauchswert stück­weise, jedesmal auf bestimmte Zeit, zu ver­kaufen, d.h. ihn zu ver­mieten. Der stück­weise Verkauf rea­li­siert also den Tauschwert nur nach und nach; für diesen Ver­zicht auf sofortige Rück­zahlung des vor­ge­schos­senen Kapitals und des darauf erwor­benen Profits wird der Ver­käufer ent­schädigt durch einen Preis­auf­schlag, eine Ver­zinsung, deren Höhe durch die Gesetze der poli­ti­schen Öko­nomie, durchaus nicht will­kürlich, bestimmt wird. Am Ende der hundert Jahre ist das Haus auf­ge­braucht, ver­schlissen, unbe­wohnbar geworden. Wenn wir dann von dem gezahlten Gesamt­miet­betrag abziehen: Erstens, die Grund­rente nebst der etwaigen Stei­gerung, die sie während der Zeit erfahren, und – zweitens – die aus­ge­legten lau­fenden Repa­ra­tur­kosten, so werden wir finden, dass der Rest im Durch­schnitt sich zusammensetzt:

  • aus dem ursprüng­lichen Bau­ka­pital des Hauses, 
  • aus dem Profit darauf, und 
  • aus der Ver­zinsung des nach und nach fällig gewor­denen Kapitals und Profits.» 

(Zur Woh­nungs­frage, 1873, Marx/​Engels Werke Band 18, Seite 270)

Die Miete setzt sich also nach Engels anteilig zusammen aus: Grund­rente, Instand­hal­tungs­kosten, Bau­ka­pital plus Profit sowie Kredite plus Zinsen.

Mit der Grund­rente – in unserem Zusam­menhang zu ver­stehen als Teil des Ertrages, den ein Pächter dem Eigen­tümer des von ihm genutzten Bodens regel­mäßig zu ent­richten hat – hat sich Marx im dritten Band des Kapitals beschäftigt. Er unter­stellt, dass die Land­wirt­schaft zu seiner Zeit schon von der kapi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­weise beherrscht werde. Diese Unter­stellung «schließt ein, dass sie alle Sphären der Pro­duktion und der bür­ger­lichen Gesell­schaft beherrscht, dass also auch ihre Bedin­gungen, wie freie Kon­kurrenz der Kapitale, Über­trag­barkeit der­selben von einer Pro­duk­ti­ons­sphäre in die andre, gleich Höhe des Durch­schnitts­profits usw. in ihrer ganzen Reife vor­handen ist». (MEW 25, 627) Er spricht auch von den Unter­schieden der Rente je nach Lage und Qua­lität der Böden und der Inves­ti­ti­tonen. Namentlich bei Bau­gründ­stücken in großen Städten zeigten sich Unter­schiede. Der Eigen­tümer müsse keine Hand rühren, er ris­kiere nichts und trage nichts bei, wenn er den Fort­schritt der gesell­schaft­lichen Ent­wicklung aus­beute. Nach Marx ist also die Miete, soweit sie Zins und Amor­ti­sation des im Haus ange­legten Kapitals ist, von der Rente für den bloßen Boden zu unter­scheiden. Letztere ver­lange mehr­fachen Tribut, nicht zuletzt durch die Nach­frage nach Bau­grund­stücken, die den Wert des Bodens steigere. Hier setze die Spe­ku­lation an. Er zitiert einen Spe­ku­lanten, der bekennt, wenig Profit aus den Gebäuden selbst zu schlagen, umso mehr durch die Stei­gerung der Grund­renten (siehe MEW 25, 781ff.).

Der spe­zi­fische Cha­rakter der Grund­rente wird in der Regel ver­kannt, weil sie sich als Zins ver­hüllt. Das Stück Boden erscheint als Kapital, auf dessen Menge von der Grund­rente, wie wenn sie Zins wäre, zurück­ge­schlossen wird. Kurz gesagt, Boden hat zwar keinen Wert, aber einen Preis. Marx sagt es so: «Es ist die so kapi­ta­li­sierte Grund­rente, die den Kauf­preis oder Wert des Bodens bildet, eine Kate­gorie, die prima facie (auf den ersten Blick), ganz wie der Preis der Arbeit irra­tionell ist, da die Erde nicht das Produkt der Arbeit ist, also auch keinen Wert hat. Ande­rer­seits aber ver­birgt sich hinter dieser irra­tio­nellen Form ein wirk­liches Pro­duk­ti­ons­ver­hältnis. […] Es ist in der Tat der Kauf­preis nicht des Bodens, sondern der Grund­rente, die er abwirft, berechnet nach dem gewöhn­lichen Zinsfuß.» (MEW 25, 636) Aber in Umkehrung des tat­säch­lichen Sach­ver­halts werden hohe Grund­stücks­preise für die Höhe der Mieten ver­ant­wortlich gemacht. In Wirk­lichkeit erklären sich die großen Unter­schiede jedem vor­ur­teils­losen Beob­achter durch die Lage der Grund­stücke, weil die zu erwar­tende künftige Rendite dem Nutzer im Voraus abver­langt wird.

Das Hand­lungs­konzept Wohnen (Münster, Juli 2014) sagt es so: «In den besonders nach­ge­fragten Wohn­quar­tieren innerhalb des Rings stiegen die Boden­preise innerhalb von drei Jahren um fast 40%, in den Außen­stadt­teilen hin­gegen nur um wenige Prozent – in Hiltrup bei­spiels­weise um 5 %.» «Empirica rechnet damit, dass die Neu­bau­nach­frage bis 2030 noch wei­terhin positiv sein wird und innerhalb der nächsten 20 Jahre nahezu ‹jedes› Woh­nungs­an­gebot in Münster auch ver­marktbar sein wird, dass mit der Kauf­kraft der Müns­te­raner finan­zierbar ist.» (S. 13)

Hier setzt Boden­spe­ku­lation an. Die Debatte darüber ist lange fällig. Wir sollten die Frage nach dem Boden­recht wieder auf­werfen. Grund und Boden müssen in Gemein­ei­gentum über­führt werden.

In der kapi­ta­lis­ti­schen Wirk­lichkeit geschieht aber das Gegenteil.

Im Jahr 2000 sind die Lie­gen­schaften des Landes NRW in einen selbst­stän­digen Betrieb über­führt worden. Im Jahr 2013 ver­fügte der Bau- und Lie­gen­schafts­be­trieb (BLB) NRW laut Geschäfts­führer Martin Chaumet über ein Immo­bi­li­onport­folio von 4604 Gebäuden, Miet­flächen von ins­gesamt 10,5 Mio qm und ein Miet­umsatz von 1,2 Mrd Euro. Gemessen an diesen Kenn­zahlen stünde der BLB als Immo­bi­li­en­un­ter­nehmen an zweiter Stelle (im EPRA-Index1) der euro­päi­schen Immo­bi­li­en­un­ter­nehmen. Wert: neun Mil­li­arden Euro. Gemäß Bau- und Lie­gen­schafts­be­triebs­gesetz hat der BLB «die Aufgabe, Grund­stücke und grund­stücks­gleiche Rechte für Zwecke des Landes nach kauf­män­ni­schen Grund­sätzen zu erwerben, zu bewirt­schaften, zu ent­wi­ckeln und zu ver­werten und dabei die bau­po­li­ti­schen Ziele des Landes zu beachten.» (§ 2,1 BLBG). Hier wird schon der Ziel­kon­flikt offenbar. Denn die auf Pri­va­ti­sierung gerich­teten Unter­neh­mens­ziele sind kaum noch unter dem Fei­gen­blatt «bau­po­li­tische Ziele des Landes» zu ver­bergen. Der BLB dient der pri­vaten Berei­cherung, er wird zwangs­läufig ein Korruptionsherd.

Tat­sächlich ist vor drei Wochen, am 13. Februar, der vor­malige Chef des BLB, Fer­dinand Tig­gemann, wegen Bestech­lichkeit und Untreue zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft ver­ur­teilt worden. Es ging um das Jus­tiz­zentrum Düs­seldorf – übrigens auch das Gebäude, in dem Tig­ge­manns Prozess stattfand. Außerdem um das Gelände für den Neubau einer Fach­hoch­schule in Düs­seldorf und um das ehe­malige Lan­des­be­hör­denhaus in Bonn. Der BLB-Chef habe über Jahre mit einem kri­mi­nellen Immo­bi­li­en­makler zusam­men­ge­ar­beitet. Die beiden hätten unter anderem durch illegale Absprachen und Zwi­schen­käufe von Grund­stücken die Kauf­preise in die Höhe getrieben und damit Schäden in zwei­stel­liger Mil­lio­nenhöhe verursacht.

Aber auch der Landtag war gezwungen, die BLB-Machen­schaften durch einen Par­la­men­ta­ri­schen Unter­su­chungs­aus­schuss (PUA BLB) unter­suchen zu lassen. Zwei Tage nach dem Urteil des Land­ge­richts Düs­seldorf, am 15. Februar, nahm der Landtag den Schluss­be­richt des PUA BLB ent­gegen. Merk­wür­di­ger­weise kommen nicht alle Objekte, an denen Tig­gemann ver­dient hat, im Bericht vor, anders­herum sind ihm nicht alle krummen Dinger, die im Landtag behandelt wurden, als kri­mi­nelles Fehl­ver­halten ange­lastet worden. Noch weniger kommen die Nutz­nießer der Kor­ruption vor, die Kor­rum­peure, die, die mittels Bestechung Mil­lionen Euro der Lan­des­kasse ent­ziehen konnten.

Der Bericht des PUA ist mitt­ler­weile zugänglich, als PDF-Datei von der Seite des Landtags her­unter zu laden. Umfang 823 Seiten.

Er unter­sucht gemäß seinem Auftrag die Struktur des BLB, rechts­wid­riges Ver­halten Ein­zelner, feh­ler­haftes Manage­ments und/​oder feh­lende Kon­trolle als Ursache für etwaige Missstände.

  • Der PUA stellt fest, dass die Kosten des Duis­burger Neubaus Lan­des­archiv NRW von 30 auf 200 Mio Euro gestiegen waren. Beim Erwei­te­rungsbau des Poli­zei­prä­si­diums Köln-Kalk hat vor allem die GSE[1] unter Führung des Herrn Göttsch nach bemer­kens­werten Ver­ga­be­vor­gängen sehr viel Geld ver­dient, min­destens aber 3,3 Mio an angeblich ent­gan­genen Gewinnen. Der WDR berichtete im ver­gan­genen Juli von einer finan­zi­ellen Mehr­be­lastung von 55 Mil­lionen Euro für das Land in diesem Fall.
  • Mit der Grund­stücks­spe­ku­lation beim geplanten Bau­vor­haben «Fach­hoch­schule Köln» machten die Grund­stücks­ent­wickler Göttsch und Bauwens-Adenauer[2] innerhalb von acht Wochen 25 Mil­lionen Euro Gewinn, als sie dem BLB die soge­nannten Dom­gärten für 87 Mio Euro ver­kaufen konnten.
  • Schloss Kel­lenberg: für die prak­tisch nicht nutzbare Ruine wandte der BLB 3,1 Mio Euro auf auf.
  • Das Vodafone-Hochhaus in Düs­seldorf wurde für 142 Mil­lionen Euro gekauft, ohne dass eine Nutzung vor­ge­sehen war.
  • Das Lan­des­be­hör­denhaus in Bonn ist ein offenbar unver­käuf­liches Objekt. Sein Wert fiel im Laufe der Jahre von 70 Mio Euro auf 10,7 Mio Euro – das war das letze Kauf­an­gebot, das aber nicht rea­li­siert werden konnte. Seine 60 000 qm wurden bis 2003 von der Polizei genutzt, gegen­wärtig ist ein Teil des sanierten Neubaus an die Uni Bonn ver­mietet, der belastete Altbau steht leer.
  • Für den Neubau des LKA in Düs­seldorf mussten 34 Mio, dann noch einmal 14,2 Mio Euro nach­ge­schossen werden, am Ende kostete es 107 Mil­lionen Euro.

Der Geschäfts­führer Tig­gemann konnte für den BLB risiko- und fol­gen­reiche Ent­schei­dungen treffen, ohne diese vorab begründen zu müssen (Schluss­be­richt, S. 620). Das geschah nach­träglich. Und dieses Problem ist schon in den Ver­ord­nungen zum BLBG angelegt. Der Artikel 4.3 (Anw­VOBLB) bestimmt: «Über Grund­stücks­an­käufe, deren Wert 50.000 Euro über­steigt, sowie über Grund­stücks­ver­käufe, deren Wert 50.000 Euro über­steigt, ist der Ver­wal­tungsrat in der nächst­fol­genden Sitzung des Ver­wal­tungs­rates zu unterrichten.»

Aber jetzt, so der PUA, sei alles in Ordnung. Denn es würden unter­dessen weit­rei­chende Vor­gaben zu den inhalt­lichen Anfor­de­rungen an Ver­wal­tungs­rats­vor­lagen gemacht. Aus­drücklich seien alle Ent­schei­dungen und Pro­zesse nach­voll­ziehbar zu doku­men­tieren (siehe Schluss­be­richt, S. 621). «An einer Stel­lung­nahme zu wei­teren Ände­rungen zur Struktur des und zur Auf­sicht über den BLB sieht sich der Aus­schuss gehindert, da diese erst nach Ablauf des Unter­su­chungs­zeit­raums erfolgt sind.» (ebenda, S. 622)

Zu deutsch: zu Struktur und Auf­sicht des BLB hat der PUA nix ze kamelle. In der Tat haben wir es mit einem bun­desweit durch­ge­setzten neo­li­be­ralen Konzept zu tun. Andere Bun­des­länder haben eben­falls solche BLBs zur Ent­wicklung ihrer Grund­stücke und Immo­bilien ein­ge­richtet. Sie heißen auch so. Auch der Bund gliedert seine Lie­gen­schaften aus. Gesetz­liche Grundlage ist das

Gesetz über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimAG)

Darin heißt es: «Die Bun­des­an­stalt hat das Ziel, eine ein­heit­liche Ver­waltung des Lie­gen­schafts­ver­mögens des Bundes nach kauf­män­ni­schen Grund­sätzen vor­zu­nehmen und nicht betriebs­not­wen­diges Ver­mögen wirt­schaftlich zu ver­äußern. Die Abführung an den Bun­des­haushalt erfolgt auf der Grundlage des Wirtschaftsplanes.»

So geschieht es auch. Ich höre aus Mannheim, dass dort die Grund­stücke der ehe­ma­ligen US-ame­ri­ka­ni­schen Kasernen durch die BiMa nach kauf­män­ni­schen Gesichts­punkte ver­wertet und ver­äußert werden. Wir haben es also nicht nur mit einem, sondern mit vielen Kor­rup­ti­ons­herden zu tun. Was ist da zu fordern? Die Finanz­ver­wal­tungen des Bundes und der Länder müssen ihre Lie­gen­schaften wieder selbst ver­walten. Denn die Aus­glie­derung der Lie­gen­schaften mit eigener Rechtsform ist kor­rup­ti­ons­an­fällig, erleichtert die Spe­ku­lation und führt allemal zur pri­vaten Aneignung öffent­lichen Eigentums. Nötig ist aber, dass öffent­liche Lie­gen­schaften und Immo­bilien auch formell in öffent­liche Hände zurück­ge­geben werden und dort bleiben, um künftig wieder öffentlich kon­trol­liert und ver­waltet werden zu können.

Von kom­mu­nalen Lie­gen­schaften habe ich noch nicht gesprochen. In Köln konnte im Jahre 2003 durch die Initiative der Bürger ver­hindert werden, dass die kom­munale Woh­nungs­ge­sell­schaft GAG (Gemein­nützige AG für Woh­nungsbau), die immerhin über einen Bestand von 42.000 Woh­nungen verfügt, pri­va­ti­siert wurde. Aber in der ver­gan­genen Woche haben wir im Rahmen der Initiative «Recht auf Stadt» ein Flug­blatt mit einem Offenen Brief an Ober­bür­ger­meis­terin Hen­riette Reker ver­teilt: «Wir stellen fest, dass die GAG die gegen­wärtige Marktlage in Köln aus­nutzt, um Mieten zu erhöhen, Mieter zu ver­graulen und zum Wegzug zu ver­an­lassen. Dazu ver­wendet sie Instru­mente, die allzu gut von kom­mer­zi­ellen und pri­vaten Immo­bi­li­en­un­ter­nehmen bekannt sind. Einer­seits dienen der GAG mehr oder weniger ober­fläch­liche Moder­ni­sie­rungen als Vorwand für über­pro­por­tio­nierte Miet­stei­ge­rungen, zum anderen werden mit Hinweis auf den Miet­spiegel, der just durch solche Moder­ni­sie­rungen samt fol­gender Miet­erhö­hungen gestiegen ist, höhere Mieten auch für solche Woh­nungen ver­langt, die bislang von Moder­ni­sie­rungen ver­schont geblieben sind (…). Unter­dessen wächst in Zoll­stocker Straßen die Zahl der Woh­nungen mit GAG-Häusern, die an private Eigen­tümer oder Immo­bi­li­en­kon­zerne ver­kauft sind. Bekanntlich gehört die GAG der Stadt. Wir bitten Sie, Frau Reker, als Stadt­ober­haupt diese Bean­stan­dungen zu prüfen, die Prüf­ergeb­nisse bekannt zu machen und dafür zu sorgen, dass dieses städ­tische Unter­nehmen sich in seiner Gier mäßigt. Wir erwarten, dass die GAG ihren sozialen Auftrag erfüllt und keine wei­teren Mieter mehr ver­treibt. Ins­be­sondere muss gesi­chert werden, dass keine wei­teren Woh­nungen mehr pri­va­ti­siert werden, sondern wei­terhin im Eigentum der Stadt bleiben.»

Am Ende laden wir die betrof­fenen Mieter zu einem Treffen Mittwoch in einer Woche ein. Sollte sich diese Initiative ver­breitern, erhoffen wir uns, dass die Stadt als Eigen­tümer der GAG eine andere Politik macht.

Seit Abschaffung der Woh­nungs­ge­mein­nüt­zigkeit im Jahr 1990 gibt es für den Profit im Woh­nung­markt kein Halten mehr. Die Miet­preis­bremse wirkt nicht, zumal ange­sichts des Woh­nungs­mangels kein Mieter wagt, die not­wen­digen Daten beim Ver­mieter zu erfragen. Bezieher von Sozi­al­leis­tungen, erst recht Flücht­linge und Asy­lanten, werden häufig in gesund­heits­ge­fähr­dende und über­haupt men­schen­un­würdige Wohn­ver­hält­nisse gezwungen.

In dieser Lage schwinden die Unter­schiede zwi­schen den kom­mu­nalen Woh­nungs­un­ter­nehmen und den finanz­markt­ori­en­tierten Ver­mie­tungs­kon­zernen. Nötig sind kom­munale Woh­nungs­un­ter­nehmen, die ihre Woh­nungen dau­erhaft halten und nicht am Gewinn, sondern am Gemeinwohl ori­en­tiert sind.

Aber die Stadt Köln ver­pflichtet die GAG immer noch zur Abführung von Gewinnen an den städ­ti­schen Haushalt.

Offen­kundig wirken auch die drei Maß­nahmen nicht, die der Stadtrat im Dezember 2013 mit Stimmen fast aller Par­teien beschlossen hat. Das waren

Erstens: Milieu­schutz­sat­zungen. Diese Maß­nahme ist bislang noch Absicht.

Zweitens: Das «Koope­rative Bau­land­modell». Bau­herren sollen mit güns­tigen Grund­stücken zu einer Quote von 30 % Sozi­al­woh­nungen ver­an­lasst werden. Das klappt nicht, zumal die Bau­herren die Sozi­al­woh­nungs­quote herunterhandeln.

Drittens: das Son­der­pro­gramm «Bezahl­baren Wohnraum sichern» ver­spricht den Bau­herren 150 Euro pro qm zusätzlich, wenn sie Sozi­al­woh­nungen schaffen. Wegen der Deckelung auf 2 Mil­lionen Euro könnten damit im besten Fall 150 Woh­nungen ent­stehen. Das reicht nicht. Die Stadt ver­fehlt ohnehin ihr Ziel von jährlich 1.000 neuen Sozi­al­woh­nungen. Ange­sichts des geringen Zins­ni­veaus emp­finden Bau­herren die Sozi­al­bindung als ver­meidbare Belastung und lassen öffent­liches Baugeld liegen.

Auch Münster hat solche Pläne. Im Hand­lungs­konzept Wohnen findet sich das Kapitel «Sozi­al­ge­rechte Boden­nutzung». Darin heißt es: «für private Bau­land­ent­wick­lungen im Innen­be­reich wird für die Mehr­fa­mi­li­en­haus­be­bauung ein Zielwert von je 30 % der ent­ste­henden Net­to­wohn­fläche zur antei­ligen Errichtung von geför­dertem Miet­wohnraum sowie von för­der­fä­higem Wohnraum fest­gelegt. Kann eine anteilige Errichtung von geför­dertem Wohnraum an der jewei­ligen Stelle nicht rea­li­siert werden, so ist vom Bau­land­ent­wickler an anderer Stelle der Stadt eine ent­spre­chende Menge von geför­dertem Miet­wohnraum sowie von för­der­fä­higem Wohnraum bei­zu­bringen.» (S. 31)

Hier kann man sehen, dass die Sub­ven­tio­nierung des Baus von Sozi­al­woh­nungen zwar die Grund­stücks­preise hoch­schrauben, aber nicht garan­tieren kann, dass die Zahl der Sozi­al­woh­nungen steigt. Sie sinkt in Köln wie in Münster.

Was hilft? Stadt und Land müssen selbst bauen – auf Gelände, das ihnen gehört. Es ist einfach nicht sinnvoll, private Gewinne zu sub­ven­tio­nieren mit Kre­diten, die an die Bau­kosten her­an­reichen, statt öffent­lichen Woh­nungsbau preiswert zu betreiben.

Die Neue Heimat hat bis in die acht­ziger Jahren hinein etwa 200.000 Woh­nungen als gemein­nüt­ziges und damit steu­er­be­güns­tigtes Unter­nehmen bewirt­schaftet. Aber im Februar 1982 kam heraus, dass sich mehrere Vor­stands­mit­glieder per­sönlich berei­chert hatten. Der Skandal wurde durch einen par­la­men­ta­ri­schen Unter­su­chungs­aus­schuss des Bun­destags auf­ge­ar­beitet. In der Folge verlor die Idee der Woh­nungs­ge­mein­nüt­zigkeit an öffent­licher Zustimmung.

Dabei hatte der damalige Unter­su­chungs­aus­schuss in seinem Schluss­be­richt am 7. Januar 1987 for­mu­liert, dass sich die Woh­nungs­ge­mein­nüt­zigkeit als bewährtes und schüt­zens­wertes Prinzip erwiesen habe, das auch in Zukunft im Interesse der Woh­nungs­su­chenden und der Woh­nungs­po­litik ins­be­sondere in den Bedarfs­schwer­punkten unver­zichtbar sei.

Aber die inter­es­sierte Woh­nungs­wirt­schaft und ent­spre­chende Kapi­tal­gruppen nutzten die Gele­genheit zur Dif­fa­mierung der Idee der Gemein­nüt­zigkeit. Das erleich­terte die Auf­hebung des Woh­nungs­ge­mein­nüt­zig­keits­rechts durch das Steu­er­re­form­gesetz vom 3. August 1988. Es trat am 1. Januar 1990 in Kraft. Stol­tenberg ver­sprach als Finanz­mi­nister einen Gewinn von 100 Mil­lionen DM an zusätz­lichen Steuern für den Fiskus. Denn die Steu­er­pri­vi­legien der gemein­nüt­zigen Unter­nehmen der Woh­nungs­wirt­schaft wurden abge­schafft. Steu­er­be­freiung sei zur Schaffung gesunder und preis­werter Woh­nungen für breite Schichten der Bevöl­kerung weder erfor­derlich noch geeignet. Für eine besondere gemein­nüt­zig­keits­recht­liche Miet­preis­bindung gäbe es keine Recht­fer­tigung mehr. Bestehende Miet­preis­bin­dungen und Woh­nungs­be­le­gungs­rechte wurden abgebaut. Wohn­geld­re­ge­lungen und sozi­al­hil­fe­recht­liche Vor­schriften traten an ihre Stelle. 

Womöglich fiel die Abschaffung der Woh­nungs­ge­mein­nüt­zigkeit im Januar 1990 nicht ganz zufällig mit der Abschaffung der DDR zusammen. In der DDR-Ver­fassung von 1968 heißt es: «Jeder Bürger der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Republik hat das Recht auf Wohnraum für sich und seine Familie ent­spre­chend den volks­wirt­schaft­lichen Mög­lich­keiten und ört­lichen Bedin­gungen. Der Staat ist ver­pflichtet, dieses Recht durch die För­derung des Woh­nungsbaus, die Wert­erhaltung vor­han­denen Wohn­raums und die öffent­liche Kon­trolle über die gerechte Ver­teilung des Wohn­raums zu ver­wirk­lichen.» Dieses Recht hat kei­nesweg auto­ma­tisch auch Wohnraum ver­schafft, aber das in der Ver­fassung nie­der­ge­legte Grund­recht auf Wohnung ver­pflichtete die Woh­nungs­wirt­schaft der DDR auf ein Gemein­nüt­zig­keits­modell. Das war jetzt aber schnell Ver­gan­genheit. Und so entfiel der Druck der Sys­tem­kon­kurrenz, der auch in anderen Fragen als dritter Tarif­partner gewirkt hat.

Im ver­gan­genen Jahr hatte die Initiative «Recht auf Stadt» am 22. und 23. April zu einem bun­des­weiten Treffen in Köln ein­ge­laden. In einer der Arbeits­gruppen stellte Knut Unger aus Witten das Konzept der Neuen Gemein­nüt­zigkeit vor.

Er schil­derte, wie nach ihrer Abschaffung 1990 kom­munale Bestände, Werks­woh­nungen und Genos­sen­schaften auf den Finanz­markt geworfen worden sind. Hier hatten sie Rendite zu erwirt­schaften. Sehr spät habe die Dis­kussion über eine neue Gemein­nüt­zigkeit ein­ge­setzt. Sie mündete in Vor­schläge von Grünen und Links­partei, die jewei­ligen Gut­achten stammen von Jan Kuhnert, bzw. Andrej Holm. Trotz der Bedenken in der Runde wird das Konzept für richtig gehalten. Immerhin gibt es Sorgen, dass die Begriffe poli­tisch gekapert werden könnten. Aber das Konzept ist so über­zeugend, dass sich auch der DMB dazu ver­halten musste. Er instal­lierte eine Kom­mission zu diesem Thema.

Und am 23. Juni 2016 haben DMB und das Netzwerk Mieten & Wohnen eine Kon­ferenz zum Thema «Brauchen wir eine neue Wohnunggemeinnützigkeit?» in Berlin orga­ni­siert. Auch der DMB drängt auf ein Gesetz für eine Neue Woh­nungs­ge­mein­nüt­zigkeit. Bezüglich der Aus­ge­staltung der For­de­rungen stützt er sich auf Kuhnert und Holm. Im Kern geht es bei den gegen­wär­tigen Dis­kus­sionen um die Regeln und sozialen Bedin­gungen, die gewahrt sein müssen, damit ein Woh­nungs­un­ter­nehmen als gemein­nützig gelten und von Steuern befreit werden kann.

Ich fasse mal zusammen.

Die Lan­des­mit­glie­der­ver­sammlung der beiden DKP Bezirke in NRW im ver­gan­genen Oktober hat nütz­liche Sofort­for­de­rungen beschlossen. Wir brauchen am Gemeinwohl ori­en­tierte kom­munale Woh­nungs­un­ter­nehmen, die ihre Woh­nungen dau­erhaft halten und nicht gewinn­bringend bewirt­schaften. Öffent­liche Grund­stücke dürfen nicht mehr ver­kauft werden. Und wir wollen die Neue Woh­nungs­ge­mein­nüt­zigkeit. Mit diesen For­de­rungen können wir Mieter orga­ni­sieren, die sich gegen Gen­tri­fi­zierung, Zwangs­räu­mungen und Miet­erhö­hungen wehren.

Text: Klaus Stein, Münster 6. März 2017


[1] GSE ist die Abkürzung für die Kölner GSE Grund­stücks­ent­wick­lungs­ge­sell­schaft mbH, Köln, die Heinz Hermann Göttsch in Gestalt der GEG Grund­stücks­ent­wick­lungs­ge­sell­schaft H.H.Göttsch KG, zu 51% der S Rhei­nE­state Grund­besitz GmbH & Co. KG, die wie­derum 100%ige Tochter der Spar­kasse ist, sowie Hans Georg Engel in Gestalt der Engel Ver­mö­gens­ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH & Co.KG, Köln, gehört. Die GSE hatte 1996 das 40 Hektar große Grund­stück der CFK, der Che­mi­schen Fabriken Kalk, gekauft und in der Folge entwickelt.

[2] Heinz-Hermann Göttsch wurde am 19. Juni 2015 zu Kalk und am 11. Sep­tember 2015 The­men­komplex «Fach­hoch­schule Köln» ver­nommen. Die FH ist noch bis zum 2. November 2015 Thema. Weitere Zeugen sind Norbert Walter-Borjans, Fritz Schramma, Bernd Streit­berger, Paul Bauwens-Ade­nauer, Dr. Patrick Ade­nauer (die beiden Ade­nauer-Enkel wurden am 18. Sep­tember 2015 gehört)