700 Entlassungen bei Media-Markt

Mediamarkt, Fassade.

Nichts mit Spaß

Bei Media Markt, der mit dem Slogan «Haupt­sache Ihr habt Spaß» wirbt, geht die Angst um. Der Elek­tronik­konzern, der zur Media-Saturn-Holding (MSH) gehört, plant einen radi­kalen Per­so­nal­abbau. Große Teile der Ver­kaufs­flächen sollen aus­ge­gliedert werden. Zusätzlich wird die Pro­dukt­pa­lette in den Märkten dras­tisch ein­ge­schränkt. Auf diese Art will der Ceconomy* Konzern jährlich 130 Mil­lionen Euro einsparen.

Als beson­derer Ver­fechter des Kahl­schlags bei der MSH erweist sich Ferran Reverter, der neue Boss des Elek­tronik­fi­lia­listen. Der Spanier, der gerade acht Monate den Han­dels­riesen führt, setzt dabei auf weniger Beratung und Per­sonal im Verkauf. Mit dabei seit 1. März 2019, auch Jörn Werner, der ehe­malige Chef der Werk­statt­kette A.T.U. Das Management kennt dabei nur einen Weg um Profite abzu­si­chern. Damit die eigenen Pfründe und die Aktionäre bedient werden, müssen Per­sonal und die «lieben Mit­ar­beiter» abgebaut und vor die Tür gesetzt werden. Bereits im ersten Halbjahr sollen in der Ver­waltung in Ingol­stadt 700 von 3000 Arbeits­plätzen ver­nichtet werden. Insider berichten, dass es nicht nur die Zen­trale an der Donau trifft. Auch die Filialen werden durch die Fremd­ver­mietung der Flächen erneut kräftig «aus­ge­dünnt».

Als Grund für den Per­so­nal­abbau sieht die Holding den zuneh­menden Online­handel. Doch dies ist nur die offi­zielle Erklärung. Ähnlich, wie die Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft ver.di, nennen Beschäf­tigte die wirk­lichen Ursachen. Ein über Jahre bewusst erzeugter Mangel an Per­sonal treibe die Kunden aus den Märkten. Haupt­grund für diesen Zustand ist, dass immer weniger Per­sonal mehr Ver­kaufs­fläche bedienen muss. Beratung kommt dabei seit langem zu kurz. «Wir arbeiten War­te­schlangen von Kunden ab. Da dreht sich so manch einer um und haut ab» so der Ver­käufer Edwin Schulte, der seinen rich­tigen Namen nicht nennen will.

In einer gemein­samen Erklärung der Gewerk­schafts­ver­treter von ver.di und IG Metall im Auf­sichtsrat der Ceconomy AG wird dies noch einmal bekräftigt. Nach Auf­fassung beider Gewerk­schaften liegt die Ursache beim Miss­ma­nagement der ver­gan­genen Jahre. Dieses sei mit Abfin­dungen in Mil­lio­nenhöhe (34 Mil­lionen Euro für 16 Manager, d. R.) in die Wüste geschickt worden. Die Inter­es­sen­ver­treter fordern deshalb eine umfäng­liche Betei­ligung der ört­lichen Mit­be­stim­mungs­gremien unter Wahrung ihrer gesetz­lichen Mit­be­stim­mungs­rechte. Eine völlige Trans­parenz gegenüber den Beschäf­tigten über die Ziele des Kon­zerns. In Zeiten des Fach­kräf­te­mangels seien dezi­mierte Beleg­schaften exis­tenz­be­drohend für den erfolg­reichen Fort­be­stand von Unternehmen.

Schon vor fünf Jahren rollte eine Ent­las­sungs­welle durch die Filialen. Als Gegenpol ver­suchten damals Beschäf­tigte Betriebsräte zu wählen. Doch dies erwies sich als besonders schwierig. Wer sich nicht ein­schüchtern lies, stand unter «Dau­er­be­ob­achtung». Wurde mit Kün­digung bedroht oder abge­mahnt. Noch immer berichten Beleg­schaften, dass über die Abtei­lungs- und Fili­al­lei­tungen ver­sucht würde, die Gründung von Betriebs­räten zu ver­hindern. Dabei wird neben den genannten Dro­hungen auch ver­sucht das Per­sonal zu spalten. Durch die Wahl von Betriebs­räten würde das Weih­nachtsgeld gefährdet. Schließlich koste dies Geld, was dann ander­weitig ein­ge­spart werden müsste. «Prak­tisch von dem Tag an, wo bekannt würde, dass ein Betriebsrat gewählt werden soll, wird dies von oben nach unten in die Beleg­schaften gestreut» berichtet Schulte weiter.

In Deutschland beschäftigt der größte Elek­tro­fi­lialist Europas Media Markt und Saturn noch 28.000 Mit­ar­beiter. Der neue Stel­len­abbau wird Beschäf­tigte und ver.di her­aus­fordern, neue Stra­tegien des Wider­stands zu ent­wi­ckeln. Dazu gehört auch, gemeinsam zu über­legen, wie dies bran­chen­über­greifend möglich ist. «Man stelle sich vor, der Laden würde bestreikt und vor der Tür stehen mit uns gemeinsam Streik­posten von anderen Ein­zel­ge­werk­schaften oder die Senioren von ver.di» so Schulte mit einem strah­lenden Gesicht.

Herbert Schedl­bauer
Foto: Heidas – Eigenes Werk
CC BY-SA 3.0, Link


* Die Ceconomy AG ist ein bör­sen­no­tiertes deut­sches Han­dels­un­ter­nehmen für Unter­hal­tungs­elek­tronik. Ceconomy betreibt die Ketten Media­markt und Saturn. (Wiki­pedia)